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Die freundliche alte Dame und der Engel

14 Tuesday Jan 2014

Posted by Christoph Engen in Depressionen überwinden, Der liebe Gott, Dichtung, Ein Kurs in Wundern, Engel, Freundschaft, Gott, Innere Stimme, Kinderbuch, Literatur, Märchen, Poesie, Senioren, Wunder

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Engel, Freundschaft, Innere Stimme, Poesie, Senioren

DIE FREUNDLICHE ALTE DAME UND DER ENGEL

 

85 Jahre sollte die freundliche alte Dame heute werden! Jetzt erinnerte sie sich. Sie blickte von ihrem Kalender hoch. Dort stand es schwarz auf weiß: 85. Ausrufungszeichen. Bald sollte sie zu der Geburtstagsparty abgeholt werden, die einige alten Freunde für sie ausrichteten. „Jesus Maria“, murmelte sie, „das ist allerhand, 85!“ Dann, nach einer Gedankenpause, sagte sie zu sich selbst entschlossen: „Na hüh, altes Zirkuspferd! Mach dich ein bisschen schön!“ Ihr Körper gehorchte und machte sich auf den Weg ins Bad.

 

Auf dem Weg dorthin blickte sie sich plötzlich, ohne zu wissen warum, zu der kleinen schönen Marienplastik mit Jesuskind um. „Geh nur“, hörte die freundliche alte Dame im selben Augenblick die Marienfigur sagen, „mach dich ein bisschen schön.“ ‚No geh‘, dachte die Dame, ‚du wirst reden können!‘ „Natürlich kann ich das“, sagte die Marienplastik, „und du wirst sehen, ich kann noch viel mehr.“ ‚Na, da bin ich gespannt‘, dachte die freundliche alte Dame und ging ins Bad. „Jetzt hörst du schon Stimmen“, sagte sie zu ihrem Spiegelbild im Badezimmerspiegel.

 

Als die freundliche alte Dame wie aus dem Ei gepellt wieder aus dem Bad herauskam, konnte sie ihren Augen nicht trauen! In ihrem gemütlichen Ledersessel saß mit freundlichem Blick eine golden leuchtende Gestalt. Die alte Dame erschrak nicht, aber die Augen musste sie sich doch gründlich reiben.

Nein tatsächlich, hier saß eine golden leuchtende Gestalt auf ihrem gemütlichen Fernsehsessel und schaute sie unverwandt an. ‚Jesus!‘, schoss es der freundlichen alten Dame durch den Kopf.

 

„Nein“, antwortete die leuchtende Gestalt und deutete auf ihr mächtiges Schwert. „Der Meister trägt keine Waffen. Grundsätzlich nicht.“

„Na, dann sind Sie der Engel Gabriel, net?“ „Du“, sagte die Gestalt, „wir hier im Himmel sind wir alle per Du. Im Himmel gibt’s keine Formalitäten.“ Der freundlichen alten Dame stand der Mund offen. „Aber das mit dem Namen Gabriel stimmt. Meine Ehrerbietung“, sagte der Engel. Mit diesen Worten stand er auf und verbeugte sich höflich, ja geradezu formvollendet elegant vor der freundlichen alten Dame. Die kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

 

Plötzlich hörte sie sich sagen: „Darf ich Ihnen, nein Verzeihung, Dir etwas zu trinken anbieten?“ „Außerordentlich gern, gnädige Frau“, antwortete prompt der Engel, „eine Tasse Kaffee. Die, die noch in der Kanne übrig ist.“

 

Während die freundliche alte Dame leicht irritiert den Kaffee in eine Tasse goss, formulierte sich in ihren Gedanken die Frage, nach der sie gesucht hatte: „Seit wann trinken denn Engel Kaffee?“, ploppte es aus ihr heraus.  „Oh“, antwortete Gabriel und nippte genussvoll an der heißen Tasse, „wir sind den Freuden des irdischen Daseins gegenüber nicht im mindesten abgeneigt. Man interpretiert uns in dieser Hinsicht oft unvollständig.“ „Na, das freut mich“, stotterte die freundliche alte Dame. Dabei fiel ihr Blick auf den großen Wecker. „Oh Gott, kurz vor zwei“, sagte sie, „ich soll um zwei unten sein. Ach, das tut mir jetzt aber leid, Herr Gabriel!“ „Kein Problem, Gnädigste“, erwiderte Gabriel und erhob sich. Dabei streckten sich seine mächtigen Flügel leicht. „Sie haben ja Flügel!“, rief die freundliche alte Dame.

 

„Das ist bei uns Engeln so üblich“, sagte der Herr Engel förmlich und fuhr fort: „Weshalb ich hier bin, Verehrteste, das dauert nur kurz. Ich soll dir gratulieren!“ „Von wem?“, fragte die freundliche alte Dame überrascht. „Vom Meister persönlich.“ „Herr Jesus?“ „Selbstverständlich. Er hat es mir extra aufgetragen. Es war ihm sehr wichtig.“ „Hätte mir das nicht auch ein unbedeutender Engel ausrichten können, als du, großer Gabriel?“ „Nein“, antwortete Gabriel bestimmt, „der Meister wollte sichergehen, dass dir seine Gratulation von jemand überbracht wird, den man nicht übersehen kann!“ Seine mächtigen Flügel öffneten sich und fächelten der freundlichen alten Dame etwas Luft zu. Ihr stand gerade der Schweiß auf der Stirn. Dann schlürfte er wieder genussvoll an seinem Kaffee.

 

Der freundlichen alten Dame fiel gar nichts ein, was sie hätte sagen können, sie starrte nur fasziniert auf die imposante Erscheinung des Engels, der gerade verzückt schien vom Geschmack ihres einfachen Kaffees. „Herrlich“, sagte Gabriel, „wundervoll aromatisch, heiß und schwarz. Besten Dank für dieses Geschmackserlebnis, meine Gnädigste!“ Dann stellte er die Tasse ab, schüttelte leicht seine Flügel durch und fuhr fort: „Also, wie gesagt, herzlichste Geburtstagsgrüße richte ich dir hiermit vom Himmel und all seinen Bewohnern aus. Natürlich speziell von deinen vorausgegangenen Familienmitgliedern und Freunden! Ja und, wie gesagt, unser Chef persönlich trug Sorge, dass ich dir diese Mitteilungen persönlich überbringe.“

 

Gerührt nahm die freundliche alte Dame die Gratulationen entgegen. Gerade wollte sie sich bedanken, da fiel ihr Gabriel ins Wort: „Auch sind die vorausgehenden Gratulationen natürlich verbunden mit den allerbesten Himmelswünschen für dich, deine Gesundheit und dein Wohlergehen. Natürlich nur, sofern du das auch möchtest.“

„Was möchtest?“, fragte die freundliche alte Dame.

„Gesundheit und Wohlergehen“, antwortete Gabriel.

„Ja, wieso sollte ich das denn nicht wollen?“, schoss es aus der Dame heraus.

„Nun ja“, sagte der Engel und sah einen Moment lang traurig aus, „die Menschen hier haben die absonderlichsten Wünsche, Verehrteste. Oft wollen sie tatsächlich lieber sterben, als glücklich zu sein und sich ewiglich einfach des unermesslichen Lebens zu freuen. Oft ziehen sie es vor, zu glauben, dass sie vom lieben Gott und allen guten Geistern verlassen sind. Wir Engel verstehen das auch nicht. Es ist eine lange unvernünftige Geschichte.“

 

„Heißt das denn, dass ich Gesundheit und Wohlergehen einladen muss?“, fragte die freundliche alte Dame nachdenklich.

„Ja selbstverständlich“, erwiderte der Engel, „nur einladen, nur willkommen heißen musst du sie. Wenn du diese Dinge nicht aktiv willst, bleiben sie natürlich vor deiner Lebenstür. Wenn die Menschen nur ahnten, wie viel Gesundheit und Wohlergehen und Freude draußen vor ihren Türen warten und warten und warten müssen, weil sie sie einfach nicht hereinlassen wollen.“

 

„Das ist ja absurd!“, schoss es aus der freundlichen alten Dame heraus, „ja, aber ich muss gestehen, ich mache das auch manchmal so, wenn ich mich recht alleine fühle.“ Bei diesen Worten ging ein Ruck durch Gabriel und er sah die freundliche alte Dame durchdringend an. Dann sagte er, und es war als ob eine herrliche, altbekannte, lange vergessene Musik durch seine Worte klang:

„Du bist nie allein, hörst du? Weder du noch sonst irgendjemand ist je allein. Auch wenn es manchmal so aussieht. Trau nicht immer nur deinen Augen. Niemand ist jemals allein. Wir alle sind immer da.“    

 

„Ja so was!“, sagte die freundliche alte Dame nach einer Pause, „das haben Sie jetzt aber schön gesagt, Herr Engel.“ Und nachdem sie sich ein paar Tränen von den Wangen gewischt hatte, schnieft sie: „Noch einen Schluck von meinem köstlichen Kaffee?“

 

„Na ja“, sagte Gabriel, „wenn du noch etwas Zeit hast und uns einen kochen könntest?“ Er blickte auf das Telefon. Im nächsten Augenblick läutete das auch schon, und die freundliche alte Dame erhielt die Nachricht, dass sie erst zwei Stunden später zu ihrer Geburtstagsfeier abgeholt werden würde.

 

„Das ist ja wundervoll“, sagte sie auf dem Weg zum Wasserkocher und lächelte in sich hinein. „Ach ja, Herr Engel, und ich habe darüber nachgedacht. Ich will das.“ „Was denn?“, fragte Gabriel.

„Gesundheit und Wohlergehen und Fröhlichkeit“, sagte die freundliche alte Dame, “für mich und für alle anderen!“

 

Da strahlte der Engel über sein ganzes Gesicht …

 

Der Schreiber dieser Zeilen weiß nicht genau, was für schöne Gespräche der Engel Gabriel und die freundliche alte Dame noch miteinander führten und wie viel Kaffee noch getrunken wurde. Es wird aber berichtet, dass sich aus dieser ersten Begegnung zwischen der freundlichen alten Dame und dem Engel Gabriel eine echte Freundschaft entwickelt habe soll!


 © Christoph Engen, Januar 2014

  

http://www.wundersindkeinwunder.de

 

 

 

 

Wo bitte geht’s hier nach Bethlehem?!

08 Sunday Dec 2013

Posted by Christoph Engen in Bethlehem, Christkindlmarkt, Dichtung, Engel, Märchen, Poesie, Verflogen, Weihnachten, Weihnachtsmärchen

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Tags

Bethlehem, Christkindlmarkt, Engel, Erzengel Michael, Krippe, Menschen, Papi, Poesie, Schneeball, Suche, Weihnachten, Weihnachtsmärchen

WO BITTE GEHT’S HIER NACH BETHLEHEM?!

Es tat einen Plumpser. Kopfüber war Kasi in einem Schneehaufen gelandet. Er prustete und spuckte, grub sich aus diesem kalten, weißen Zeug heraus und rappelte sich auf. Kaum dass er stand, traf ihn etwas Großes, Rundes mitten ins Gesicht und er fiel wieder um. Irgendwoher hörte er eine Stimme schreien: “Papi, Papi, der Schneeball ist einfach gegen die Luft geklatscht!”

Kasi war benommen und ganz durcheinander. Erst nach einiger Zeit rappelte er sich wieder auf, vorsichtshalber jetzt erst einmal nur in den Sitz. Er hielt ängstlich die Hände vor sein Gesicht. Langsam spreizte er die Finger auseinander und lugte hindurch.
Ach, herrjeh! Ein riesiger Platz war da vorn, eingerahmt von hohen Gebäuden mit großen Fenstern, hinter denen es in allen Farben blinkte und funkelte. Zwischendrin, eines gereiht an das andere, hölzerne Häuschen, die nach der einen Seite hin offen waren, und auch dahinter blinkte und funkelte es. Und ein enormer Tannenbaum stand da und der blinkte und funkelte ebenso. Und Menschen! Tausende und Abertausende von Menschen standen dort in Trauben zwischen den Häuschen herum, drängten sich hin und her oder hasteten, wo es nicht gar so voll war, eiligen Schrittes durcheinander. Nein, das konnte nicht Bethlehem sein. “Verdammt”, murmelte Kasi.

Er hatte auch schon so ein mulmiges Gefühl gehabt, vor seinem Erstlingsflug durch Raum und Zeit. Sicher, verstanden hatte er, was ihnen, den jungen Himmelsbürgern vorhin der Oberengel Michael erklärt hatte: dass es Millionen von Welten gäbe und dass sich in jeder davon eine ganz bestimmte Zeitspanne aus der Geschichte des Lebens abspielte, dass es bei der Reise nach Bethlehem also drauf ankam, in die richtige Welt zu gelangen, eben in die, die von der Geburt des Jesuskindes handelte. Ja, und er hatte sich auch riesig gefreut, endlich groß genug zu sein und an der Krippe mitjubilieren zu dürfen. Mulmig war ihm aber trotzdem gewesen. Weil er sich kannte. Weil er doch wusste, wie schwer es ihm fallen würde, ganz nah bei den anderen zu bleiben, auf ihrem Flug. So war es gekommen wie er befürchtet hatte:

Der Anblick all dieser Galaxien und Nebel und Sterne hatte ihn so in den Bann gezogen, dass er gar nicht bemerkt hatte, wie er weiter und weiter zurückgefallen war.
Irgendwann jedenfalls hatte er sich umgeschaut und war so erschrocken darüber, völlig allein in diesem riesigen Weltall zu sein, dass ihm die Flügel versagten.
Etwas hatte ihn dann nach unten gezogen. Er war gestürzt und gestürzt und schließlich in diesem weißen Haufen gelandet.
Und weiß der Himmel, in welche Welt er da geraten war. Bethlehem jedenfalls konnte das nicht sein. Allzu oft hatte er die Älteren davon erzählen gehört. Dort musste es klein sein und weit und warm. Hier war alles groß, eng und kalt. Außerdem war weit und breit kein einziger von seinen Engelbrüdern zu sehen.
Kasi war ganz durcheinander. Was sollte er denn jetzt tun?
Moment – was war das gewesen, was man ihnen geraten hatte, sollte sich einer verirren? Es fiel ihm nicht ein. So sehr er auch brütete und überlegte, es fiel Kasi einfach nicht ein. Er war kurz davor, sich in diesen Schneehaufen einzubuddeln, um nie wieder etwas zu sehen oder zu hören, am wenigsten von sich selbst, als ihm plötzlich der Einfall kam, die Menschen dort drüben zu fragen. Ja. Das war die einzige Möglichkeit. Er musste die Menschen dort nach dem Weg nach Bethlehem fragen.

Kasi probierte seine Flügel aus. Sie gehorchten ihm wieder. Er sprang in die Höhe und flog zu dem Platz hinüber. Nachdem er dicht über den Köpfen der Menschen ein paar Kreise gezogen – und hin und her überlegt hatte, wo er in diesem Getümmel nur landen sollte, ließ er sich kurzerhand auf der Schulter eines großen, breiten Mannes nieder und fragte ihn laut ins Ohr:
“Wo bitte geht’s hier nach Bethlehem?!”
Der Mann reagierte nicht einmal. Er stand nur da und starrte mit offenem Mund auf die glitzernden Kugeln und die bemalten Holzfiguren in der Auslage einer der Buden.
War er da noch dazu in eine Welt geraten, in der die Menschen Engel wie ihn weder hören noch sehen konnten? Die riesige Hand des Mannes tauchte vor ihm auf und bewegte sich blitzschnell zur Schulter hin, Kasi konnte gerade noch rechtzeitig springen und flog hoch.
Nachdem er sich von diesem Schrecken erholt hatte, begann er ungestüm durch die Luft zu fegen und rief so laut er nur konnte:
“Falls mich doch einer von euch hören kann – wo bitte geht’s hier nach Bethlehem?! Wo bitte geht’s hier nach Bethlehem?!”

Doch so laut und so oft er seine Frage auch rief, es schaute nicht einmal einer auf. Für diese Menschen waren wohl Engel ein Ding dar Unmöglichkeit.
Die einen drängten sich zu den Buden hin, reichten Papier und runde, glänzende Plättchen hinein und bekamen dafür allerlei bunte Gegenstände. Die anderen zwängten sich durch die Menge und hielten Ausschau – wonach, konnte Kasi gar nicht verstehen. Wieder andere standen mit Bechern herum, aus denen Dampf herauskam und hatten weiße, rauchende Stängel im Mund. Nein, sie sahen und hörten ihn nicht. Auch wenn Kasi wild flatternd vor ihren Gesichtern hin und her tanzte und brüllte, dass sich seine Stimme überschlug. Sie schauten einfach durch ihn hindurch.

Ja, selbst wenn er sie an Nasen, Ohren und Haaren zupfte und zog, nicht einmal dann bemerkten sie ihn, warfen höchstens  wie um etwas abzuschütteln den Kopf nach hinten oder fuhren sich unversehens mit der Hand über das Gesicht, und er musste blitzschnell auf und davon.
Kasi spürte schon wie ihm die Kräfte schwanden vor Aufregung und vor Verzweiflung, als er ein kleines Mädchen bemerkte, das mit großen Augen hochsah zu ihm.

Beinahe versagten ihm wieder die Flügel, so sehr erschreckte ihn das. Gerade noch rechtzeitig fing er sich, um nicht kopfüber in dieses Gebrodel zu fallen.
Das Mädchen hob den Zeigefinger an den Mund und bedeutete ihm so unauffällig es ging, dass sie sich in dem winzigen Durchgang zwischen zweien der Häuschen treffen wollten. Dann machte es sich auf den Weg dorthin.
Kasi kam als erster an. Er strahlte über sein ganzes Engelgesicht und ließ sich auf einem Kasten mit leeren Flaschen nieder.
Das Dach des einen Häuschens schloss unmittelbar an das des anderen an, und zur zweiten Öffnung hin standen so viele Kartons und Holzkisten übereinandergestapelt, dass sich so regelrecht eine Rückwand ergab. Es war wie in einer kleinen Höhle.
Mit dem Rücken zuerst kam das Mädchen herein und lugte nach links und nach rechts, als ob es Angst davor hätte, gesehen zu werden. Dann drehte es sich um und sah Kasi freudestrahlend an. Es war vielleicht vier, höchstens fünf Jahre alt, hatte einen viel zu großen Mantel an, und die blonden Haare hingen ihr lang und strähnig herunter. Ihr Gesicht war zierlich, blass und klein. Mit zwei nussgroßen, leuchtenden Augen darin.

“Bist du wirklich ein Engel, sag? Bist du wirklich ein Engel?” sprudelte es hervor.
Kasi nickte begeistert, und plötzlich kugelten dem Mädchen zwei dicke Tränen aus den Augen.
“Ich hab’ mir das gewünscht, so sehr”, druckste es schniefend hervor, ohne dabei den Blick von Kasi zu wenden.
“Einen Engel zu sehen?” fragte er und wäre am liebsten zu ihr
geflogen und hätte die beiden Tränen aus ihrem Gesicht gewischt.
Aber sie tat das gerade selbst.
“Ja”, sagte das Mädchen. “Die ganzen Sachen, die man sich zu Weihnachten schenkt, ach weißt du – außerdem haben wir eh kein …”
Es unterbrach sich, schüttelte den Kopf und sah Kasi nur an.
Auf einmal strahlte es wieder bis über beide Ohren und sagte leise:
“Aber das ist ja jetzt so egal. Und weißt du, vielleicht kann
ich dir auch eine Freude machen. Ich glaube, ich weiß endlich, wo Bethlehem liegt.” Es deutete sich auf das Herz. “Hier drin, einfach hier drin.”

Kasi riss weit die Augen auf und klatschte die Hände zusammen.
Das war es gewesen, woran er sich vorhin nicht hatte erinnern können. Sollte sich einer von ihnen verirren, dann musste er einen Menschen suchen, der wusste, dass Bethlehem in seinem eigenen Herzen lag, hatte der Michael gesagt.
“Lässt du mich da hinein? Bitte sag, lässt du mich da hinein?!”
prustete er aufgeregt hervor.
Das kleine Mädchen sah ihn verdutzt an.
“In mein Herz? Aber wie …”

“Ja, das ist so, das liegt an dir”, prustete Kasi weiter, “du musst es dir wünschen. Ganz fest. Du musst dir nur ganz fest wünschen, dass ich in dein Herz hineinkomme. Ich weiß auch nicht, wie das dann gehen soll. Aber der Michael hat gesagt, dass das schon irgendwie funktioniert.”
Das Mädchen sah ihn an, mit Augen doppelt so groß wie vorher.
Es schluckte und strahlte und strahlte und schluckte. Dann hob es die Hände vor sein Gesicht und begann leise in sich hinein zu murmeln.
Beinahe wären Kasi jetzt auch die Tränen gekommen. Er wusste gar nicht mehr, was er machen sollte, flatterte nur nervös auf seiner Kiste hoch und nieder und druckste schließlich ein “Vielen Dank” hervor. Es hörte sich schrecklich an. Dann machte er die Augen zu. Das war Vorschrift.
Plötzlich spürte er einen Sog.
Es zog ihn von der Kiste weg und er konnte nur ahnen, dass er geradewegs auf das Mädchen zutrieb. Aber komisch, die Entfernung schien plötzlich viel größer zu sein und der Raum nicht mehr eng und klein, sondern riesengroß. Kasi konnte es sich nicht verkneifen, die Augen aufzumachen. Eine gigantische, seltsam geschwungene Wand war vor ihm. Mit einer Höhle darin.
Dort sog es ihn hin. “Eine Ohrmuschel ist das!” schrie Kasi auf und wurde auch schon von dem Gehörgang verschluckt.

Eine Zeitlang war es dunkel und eng um ihn her, dann tat sich ein Abgrund auf und er stürzte durch einen schier endlosen Raum, um schließlich, nachdem er jedes Gefühl für Zeit und Tiefe verloren hatte, in etwas hinein zu plumpsen, das weich war und stach.
Er war mitten im Stroh zwischen Ochse und Esel gelandet und bevor sich Kasi noch aufrappeln konnte, hörte er ein Neugeborenes schreien.

© Christoph Engen, Atemverlag

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